Mittwoch, 5. März 2014

Fasent, Bumm-Bumm, Süßes schmeißen

Fasent ist gleich Brauchtum für die einen. Für die anderen bedeutet das bisweilen Feiern an und jenseits der Schmerzgrenze. Fasent ist in jedem Fall Bumm-Bumm. "Wann fahren wir auf dem Umzugwagen mit", fragt der Dreijährige begeistert und stürmt seit Wochen ans Hoftor oder klebt an der Fensterscheibe, wenn ein bunt gestaltetes Vehikel bei uns vorbeifährt. "Wann ist Fasnacht? Dann fahren Oma, Opa, Mama, Du und ich auf dem Fasnachtswagen mit..."

Dem Drachen schmeißen wir was in den Rachen. Auch das Cousinchen steht auf Süßkram. Foto: Monja Kurz

Nicht ganz den Musikgeschmack getroffen

Ich entgehe der Verantwortung das überhaupt in Erwägung ziehen zu müssen, indem ich auf einen anderen Musikgeschmack verweise. Schon hat der Riese das gemerkt und fragt beim nächsten Gefährt am nächsten Tag – es ist ja nicht so, dass wir in einer Hochburg leben, aber in den Wochen vor Rosenmontag gibt es diverse Umzüge in der Gegend, die dann von einer Handvoll Wagen aus der Heimatgemeinde auch angesteuert werden: "Magst Du die Musik jetzt. Die hat doch ein Schlagzeug und eine Gitarre?" Sehr diplomatischer Versuch, lieber Robert. Ich kann leider unter oder über dem Technobass nicht viel erkennen. Schade, grinse ich in mich hinein. Vielleicht ist das ja was für die nächste Fasent aller Zeiten? Alle Cousinen, Omas und Opa, Onkel und Tanten auf einem Familienwagen. Ich sehe schon die entgeisterten Gesichter...

Fasent ist Schminken. Das Cousinchen war ein Zebra. Da gibt es heute schon Video-Anleitungen. Bequem. Robert wollte auch ein Zebra sein und dann ein Tiger. Allerdings hat er sich selbst geschminkt. Die Stifte haben wir bis heute nicht alle gefunden. Vielleicht hat er sie sich für den Notfall irgendwo zurückgelegt.

Fasent ist "Süßes oder Saures"? Von wegen. An unserer Tür wurde nicht geschnorrt. Leider. Der Süßigkeitenschrank quillt noch immer über und das bei unserem Gelübde, den Zuckerkonsum einzuschränken. in den vergangenen Tagen wurde Süßigkeitenschmeißen geübt. In eine Stricktasche hat die Liebste dieser Zeilen drei, vier Gummibärenpäckchen getan, die von der Oma freundlich zur Verfügung gestellt wurden. Die wurden dann jeweils vor die Füße des jeweiligen "Opfers" geschmissen. Dies hatte ein kräftiges "Narri" oder "Narro" zu intonieren. Dann hat Robert die Tütchen wieder eingesammelt. So hat er sich das mit der Fasent vorgestellt. Brav. Gesund. Wir waren begeistert.

Gesunde Fasent? Aus und vorbei: bin auf Arbeit

Gestern kam Robert vom großen Umzug der Grafenhausener Hexen zurück mit der Stricktüte voll Gummibären, Bonbons, Popcorn und Co. Er war bei Oma und Opa, wollte dort übrigens bis Ostern bleiben. Aber das ist eine andere Geschichte. Den Süßkram schmeißt er jetzt weniger, futtert dafür mächtig davon. "Die Riesenmaske neben dem Schlagzeug hat geschmissen. Die haben nicht vom Wagen runter geschmissen", kommentiert er seinen Erfolg. "Die Moore-Bätscher Guggemusik", löst die Mama auf. Eine Anregung hat er für 2015 schon parat: "Die Masken sollen nicht mehr kommen." Dieses Jahr waren Hexen, Bären, Saubloodere und Co. wohl noch eine Spur zu gruselig. Nichts aber, was sich durch Süßkram nicht regeln ließe.

Am heutigen Aschermittwoch, zum offiziellen Zuckerstopp, ist der Vater dieser Zeilen zum Glück auf Arbeit.

Donnerstag, 20. Februar 2014

Alpträume aus Zucker und Dreijährige mit Entzugserscheinungen

Oma war konsequent. Die hat uns den Zucker gleich in seiner reinen Form verpasst. Würfelzucker aus Einsiedeln, Zuckerli vom Rheinfall in Schaffhausen – von all den Ausflügen hatte sie Souvenirs mitgebracht, Pralinenschachteln gefüllt. Sah lecker aus. Hat furchtbar geschmeckt. Und trotzdem: die Gebrüder dieser Zeilen griffen stets zu. Sehr zum Ärger der Mama. Heutzutage gibt es tatsächlich einen Zuckersammler-Klub und bei ebay versteigern Sie derartige – mmhhh, gebrauchte (schaut nach in der Artikelbeschreibung) – Raritäten.

Zucker fehlt – Stimmung mies. Zucker da – Stimmung mies.

Heute – stellt Euch doch eine Blende mit säuselnder Musik vor, so ähnlich wie bei den Werther's Echten, nur ohne den teuflischen Opa – steht der Riese vor mir und grinst: "Ein Riegel Schokolade. In jede Hand." Bei einem "Nein" kippt die Stimmung, zuviele "Ja" ergeben einen mitunter äußerst gereizten Dreijährigen, der nicht mal mehr Pommes anlangt. Zwei Zuckersticks in die kleine 125ml Teetasse, Ovomaltine, Gummibären – sonst gibt das Stress.

Dabei hatte er doch erst mit zwei Jahren die erste Begegnung mit Süßigkeiten im engeren Sinne. Die Liebste wollte eigentlich noch länger warten. Belächelt wurde sie, mit der Oma konspirativ, gell. Doch wenn die heute wieder ankommt und aus dem Aldi nicht nur Haribo Phantasia, Donuts, Schokoriegel mitbringt, sondern dazu noch Kuchen, dann hört auch beim lässigen Papa der Spaß auf.

Oder? Kann sie was dafür? Neulich, ganz unterbewusst, war schon lange selbst nicht mehr ebendort gewesen: schnell noch Phantasia holen, den gesunden Rest hatte ich gegenüber im dm gekauft. Mehr nicht. Das Ende vom Lied: an der Kasse kann ich meinen Einkauf kaum mehr jonglieren. Mini-Donuts, gefüllte Donuts, Neapolitaner, Schokoriegel mit Milchfüllung und – fast hätte ich sie vergessen: eine Packung Batterien.
Wem läuft hier das Wasser im Mund zusammen. Vorsicht, das ist nicht korrekt, politisch und erziehungstechnisch. Aber doch so Mmmmmmmmh. Foto: sxc.hu/knox_x

Gut gemeint die Kids in die Sucht treiben?

Man will doch nur Gutes tun. Wenn Gäste kommen beispielsweise. Oder seinem Nachwuchs. Doch woher hat der Zucker dieses wertvolle Image? Ist es tatsächlich evolutionstechnisch bedingt? Oder sind wir selber süchtig und nehmen hin, dass wir die Kids anfixen?

Die Wirtschaftliche Vereinigung der Zuckerverbände wird nicht müde darauf hinzuweisen, dass Zucker fit macht, Zucker überhaupt nicht für Diabetes verantwortlich gemacht werden kann und bei allem noch die Umwelt geschont wird – und steht damit ziemlich alleine da.

Wieviel Zucker brauchen wir aber wirklich? Können wir überhaupt verzichten? Wie verhindern wir, dass wir einen Junkie heranziehen? Wenn ich lese, dass ein halbes Stück Obstkuchen dem Jungen eigentlich reicht pro Tag, dann schaudert mir gewaltig. Es drohen vom Zuckerschock über Darmschäden bei Überdosis Organausfälle. Experten bezeichnen sogar den Fruchtzucker als Gift.

Sorgen spießiger Besser-Erzieher?

Da hilft es nicht wirklich, dass eine Food-Designerin beim seriösen SWR zu Protokoll gibt, in Deutschland essen wir überhaupt nicht so süß wie in südlicheren oder orientalischeren Gefilden. Oder hilft das doch? Ist das nur wieder so eine Erziehungsparanoia von wegen, "das passiert uns Bessererziehern nicht?" Oder werden wir irgendwo nach Strich und Faden beschissen? Auf einem Fruchtschorle mit der Überschrift "Das gesunde Plus" steht bei den kleingedruckten Mengenangaben, dass man mit dem Getränk gleich noch rund 13 Prozent des täglichen Zuckerbedarfs abdeckt. Dass man auf der Ware, die explizit an Kids gerichtet ist, vom Zuckerbedarf für Erwachsene schreibt, ist äußerst bedenklich. Dass dabei ein Tagesbedarf von 2.000 kcal angenommen wird, ist gemeinhin umstritten – abgesehen von den Fitness-Studios der Zuckerverbände...

Egal. Jedenfalls ist es beschlossene Sache, dass ab Aschermittwoch striktes Zuckerfasten angesagt ist. Trockenfrüchte, Ovomaltine, Trost-Schoki und Mega-Ausnahmen ausgenommen, versteht sich.


PS: Rund 90 Gramm Zucker sollen wir maximal laut GDA-Empfehlung maximal zusätzlich täglich zu uns nehmen. Eine Flasche Cola (1L) hat 110 Gramm. Sollte man hier noch erwähnen, dass die Referenz-Portion vom Verband der europäischen Lebensmittelindustrie errechnet wurde?

Mittwoch, 5. Februar 2014

Da verdau' doch einer die wirklich wichtigen Fragen der Menschheit

Oben muss was rein. Nur so kommt unten was raus. Punkt. Aus. Fertig. So funktioniert das mit der Verdauung. "Was?", fällt mir mein dreijähriger Gegenüber beim Abendessen ins Wort. Einige "Warum?" später streiche ich die Segel und lenke das Thema wenig elegant zum Fußball. "Lass uns die Sportschau schauen. Komm Robert."

Oben rein, unten raus!? Von wegen

Man sollte es sich vorher überlegen, wenn man das vorschriftsmäßige Leeren des Tellers mit dem Satz, "Damit Du groß und stark wirst", anregen will.

Bis es so weit kommt, muss Beton gerührt werden. Bild: ku/ befunky

 

Von wegen Chemie und Nährstoffe und so

Denn nur zwei Fragen entfernt lauert der abstrakte Begriff der Verdauung. Ruckzuck ist der Erklärvater dieser Zeilen bei chemischen Prozessen und Nährstoffen angelangt und verstrickt sich beim Mischen im Magen bis zum "Kaka". Robert ist nicht schlauer geworden, nimmt aber die pädagogischen Lehren des Ballsports gerne auf.

Die Sendung mit der Maus hat das ja sicher auch schon behandelt das Thema. Ist tatsächlich angenehmer, als so früh der Frage nach dem "Woher?" bei den Babys nachzugehen. Wie Erwachsene die Verdauung korrekt erklären, soll keine Rolle spielen. Mein Dreijähriger Riese hat sich nämlich beim nächsten Abendessen meiner Dummheit erbarmt und mich auf den Wissenstand gebracht. Im folgenden das Gedächtnisprotokoll: Das eine oder andere "Warum?" von meiner Seite hat Robert übrigens geduldig beantwortet.

Sorry, liebe Feministinnen: die Männer machen das

Das fünfte Mal schenke ich gerade Saft nach. "Die Männer brauchen das", sagt Robert. Welche Männer? – "Die sitzen im Bauch, im Rücken und in den Füßen und verarbeiten Beton." Ah, klar. "Multisaft brauchen die zum Beton rühren. Dann kommt der Beton aus dem Popo raus als Kaka und geht dann ins Klo."

"Da sitzen die Müllmieden!" Die was? Er dreht souverän sein Glas und zeigt auf seinen Trinkfortschritt: "Guck', wieviel die gebraucht haben. Bis leer wird. Hast Du einen Mann gehört?"

Das nächste Mal erklärt mir der Riese vielleicht die Postmoderne

"Alooos. Aloos." Wie bitte? Ah, der Name des Mannes im Bauch. "Kämos heißt auch noch einer." OK. "Und dann wird das zu A-Fangi. Kennst Du das, Papa?" Ja, Mama hat mir das erklärt. Hat nix mit Island zu tun. Ist ein Spiel.

So weit ansonsten alles klar? Nächstes Mal wenden wir uns dann vielleicht doch schon Themen wie der postmodernen Daseinsanalyse zu.


Mittwoch, 29. Januar 2014

Sportfreunde, ein bisschen, bitte: immerhin ist WM-Jahr

Immerhin ist dieses Jahr WM. Man wird ja noch einmal über Fußball schreiben dürfen. Man wird ja mit einem Dreijährigen auch mal kurz an die Glotze dürfen. Fußball erscheint da – nicht zuletzt wegen des beruhigenden Grüns – vergleichsweise unschädlich für den Heranwachsenden. Zunächst. Man macht sich ja so seine Gedanken auch um die Medienkompetenz. Das mit dem Schlafhormon und dem Bildschirm hatten wir ja schon an anderer Stelle.

"Endlich wieder Bundesliga", raunzt es am Freitag im Facebook von verschiedenen Seiten. Die Gelegenheit ist günstig, kleiner Mittagsschlaf und Robert ist fit. Die ARD überträgt die Bayern. Naja, die Spannung hält sich zwar in Grenzen und kaum ist der Fernseher an, tönt es schon "Toooooaaaa". Es bleibt neuerdings nicht mal mehr Zeit, Saft und Bier bereitzustellen.

 

So wirkt der Kick auf einen Dreijährigen

Egal, es geht ja auch im folgenden darum, den Sport zu erklären. Mit Wikipedia komme ich beim Riesen nicht weit. "Fußball ist nicht das Wichtigste im Leben. Fußball ist das Einzige.", lieber Ben Redelings, das stimmt so nicht. Opa fährt Ducati und dementsprechend regiert dort der Moto GP.

Bis dato haben wir einfach geschaut. Dann einfach die Fragen erklärt, die vom Riesen kamen. Was dabei herausgekommen ist, Ihr Sportsmänner schaut nur hin, wie Ihr auf einen Dreijährigen wirkt. Das ist Fußball, streng phänomenologisch betrachtet:

Tore schießt – wer sonst?! – der Tormann. Von dieser Beobachtung versuche ich aktuell so abzulenken: der Tormann darf als einziger den Ball in die Hand nehmen – "Scheiße, Einwurf, also als einziger innerhalb des Spielfelds, dem ganzen grünen Dings da. Jetzt ist das Spiel gestoppt. Der legt sich den Ball hin, damit er besser kicken kann. Der Schiedsrichter macht das. Der mit den schwarzen Klamotten. Der hat die gelben und roten Karten..."

Gelb und Spuck und Götze mit Frisurproblemen

Eine Gelbe Karte ist ein Ereignis, das im Hof gerne nachgespielt wird. Dass es nur gefeiert wird, wenn der Gegner eine bekommt, nebensächlich. Gegner, was ist denn das? So weit sind wir noch nicht. Wieso will überhaupt einer Tore verhindern? Wir freuen uns doch über Tore. Manuel Neuer ist mittlerweile ein Begriff. Der Götze auch. Wenn der Götze zuhause nachgespielt wird, dann streift sich Junior die Haare aus dem Gesicht – die charakteristische Bewegung des Mario G., am vergangenen Freitag auf jeden Fall.

Wie spielt Robert nun ein Match nach? Er flitzt hinter dem Ball her, feuert einen ordentlichen Schuss ab, läuft drei Schritte und fällt um. Fällt um? Tja, wer Fußball aufmerksam schaut, wird merken, dass im Fernseher ein Großteil der Bilder Spieler am Boden zeigt. Die Hälfte der Zeit liegen die einfach nur rum. Tatsächlich. Das war schon dem Anderthalbjährigen klar. Dass zentrales Merkmal des Sports das Treten des Balls ist, kam erst später dazu. Eigenartig. Aber dem Riesen geht es eben um detailgetreues Nachspielen.

Deswegen auch die Spuckerei. Mittlerweile haben wir uns darauf geeinigt, das Fußball im Freien gespielt wird. Sag ihm bloß noch einer, dass man bei der Arena auf Schalke das Dach zuschieben kann. Dann geht das im Wohnzimmer wieder los. Ich versuche da, Vorbild zu sein. "Ich spiele Fußball. Ich spucke nicht. Ich lass mich auch nicht fallen. Das ist nämlich dann eine Schwalbe." "Schwaaaalbä", dröhnt es umgehend. Der Riese liegt mit einem breiten Grinsen am Boden.

Etwas Konzentration auf den Sport könnte helfen

Kein Spiel dauert 90 Minuten, das ist klar. Die Nettospielzeit beträgt gerade einmal 55 Minuten. Könnte einer vielleicht mal eine Regieanweisung an die Damen und Herren schicken, den filmerischen Fokus in dieser Zeit mehr auf den Sport zu legen? Das Runde muss ins Eckige. Sonst nix. Vielleicht könnten sich die Herren auf dem Platz auch etwas mehr auf die Ausübung ihrer sportlichen Profession konzentrieren? Was soll ich Robert sonst am 13. Juli erklären?

Wir sind Weltmeister. Im schlechten Benehmen. Im Rasenbewässern? Und das bei so einem gut gekleideten Bundestrainer? Sportfreunde, ein bisschen, bitte: es schauen Kinder zu.

+++
PS: Leider gibt es in diesem Blog nicht so viele lehrreiche Links. Vielleicht können wir an dieser Stelle auf einen Test hinweisen, um die Wirkung auf andere Personen zu erörtern. Leider handelt es sich beim Fußball nicht um eine natürliche Person. Wäre auch zu einfach gewesen...




Mittwoch, 22. Januar 2014

Übrigens: Schlafentzug führt nicht zwangsweise zu mörderischen Handlungen

Das passt soo gut. Die Akte X feiert ihr 20-jähriges. Wie klebten wir seinerzeit jeden Montag vor der Glotze und haben mit Scully und Mulder gefiebert und gegruselt. Der Raab hat wahrscheinlich einen großen Teil seiner Popularität den mysteriösen TV-Zuschauern zu verdanken, die einmal in der Woche einfach nicht weggezappt hatten – vor lauter Restspannung der koordinierten Fingerbewegung nicht mehr fähig. Ganz nebenbei war der wöchentlich damals (Ende der 90er) aber auch noch richtig, richtig gut.

Remo Largo weiß: das wächst sich aus...

"Schlaflos", lautete der Titel einer Folge der zweiten Staffel der X-Files. Ein Matrose – Experiment der Regierung – schläft jahrzehntelang nicht und killt mit seinen Tagträumen auf recht brutale Weise diverse Leute. Dieses X-File kam mir ins Gedächtnis nach gefühlten 30 Minuten Schlaf in der Nacht auf vergangenen Montag. Es war aber auch verhext und zugenäht: der dreijährige R., nach drei Pettersons & Findus endlich an der Grenze zum Traumland, schreckt auf und stellt fest: "Fridi hat Durst." Es war auch nicht zu überhören. Drei Wochen ist er nun da und hat sich noch nicht ganz auf den Tag-Nacht-Rhythmus einstellen können. Laut Remo Largo braucht das rund acht Wochen. Einen Rhythmus kann er halten: Schläft der Große, meldet sich der Kleine pünktlich zu Wort. So hält der Säugling das gesamte Team dauerhaft auf Trab, das anderntags zumindest optisch einer Horde von Zombies gleicht – sind die olympischen Augenringe auch eingetragenes Warenzeichen?

Das ist nicht der Todesstern. Den Mond sieht einer eher, der Nachts wacht. Foto: segovax/pixelio.de

Wintersonnenzeit für Schlaflose unerheblich

Es spielt dann überhaupt keine Rolle, dass aktuell die Sonne von zirka ziemlich genau 8.05 Uhr bis 16.31 Uhr scheint. Zum Trost hole ich dem übernächtigten Robert von der Oma die versprochene CD. "Bin in drei Minuten wieder da", versuche ich die Stimmung zu besänftigen. "Naaaaahhhheeeein! In vier Minuten", schallt es lautstark und bestimmt zurück. OK, ich spute und schaffe es. Wie war das noch mit Bestechung und kleinen Zuwendungen zum Erhalt der Freundschaft? Die Wogen sind geglättet, vorerst. Die Schule und Philosophie der achtsamen Begleitung der Kinder wird um kleine pragmatische Komponenten praxisnah erweitert. Nur eines geht nicht: Dieser rote Traktor ist ein absolutes No-Go. In der Flimmerkiste laufen ausschließlich Fußball und Motorradrennen – Opa ist Fan des Moto-GP. Sonst gibt es nur musikalische Früherziehung mit Livemusik von Metallica bis Mozart, ausnahmsweise.

Immerhin lässt sich so die eine oder andere halbe Stunde friedlich schinden. Denn Einradfahren – rein vorgestellt, versteht sich – in der Wohnung führt erfahrungsgemäß nicht direkt zur Ausschüttung von Schlafhormonen. Direkt vor dem Einschlafen, das weiß die Wissenschaft, sollte aber auch nicht auf den Bildschirm geglotzt werden. Denn die Ausschüttung von Melatonin kann sich nach TV-Konsum und PC-Geglotze um 22 Prozent verringern.

Schlaflose Zeiten – lehrreiche und liebenswerte Zeiten

 "Schlaflos in Seattle", war der kleine Sam im Film und hat doch zur großen einen Liebe beigetragen. Wir Kurzen sind halt etwas übernächtigt, wirken aktuell geschlossen ein bisschen strange – und wachsen doch noch immer weiter zusammen. Der Vater dieser Zeilen kam so immerhin auch zur nächtlichen Lektüre des neuen Schirach, hat Tucholsky und Cechov für sich wiederentdeckt.

Nicht nur wie am gestrigen Weltknuddeltag geben die Kleinen einem alles doppelt und dreifach zurück. Die Beziehung zur Größten wird reicher und nicht etwa schlechter, wie viele Schwarzmaler das gar in seriösen Medien sehen. Kleiner Tipp: Die liebe Mama und Ehepartnerin weiß die Beseitigung des einen oder anderen windeltechnischen Shitstorms zu schätzen und freut sich über die Zubereitung des Essens...

Kurz zusammengefasst und auf den Punkt gebracht: Schlafentzug bedeutet keineswegs Liebesentzug. Und Übungen in Gelassenheit haben direkten positiven Einfluss auf den Tagesablauf...

PS: Folgt den Links für interessante Infos, Lesetipps oder  musikalische Entdeckungen – oder lasst es bleiben.

Mittwoch, 15. Januar 2014

Neulich, so nach der Geburt: Erste bürokratische Begegnungen

Neulich, so nach der Geburt ging das alles erst mal richtig los. Zum zehnten Mal hatte man im Krankenhaus die Adresse von vor unserem Umzug auf irgend ein Behandlungsetikett gedruckt. Naja, zum Glück lassen wir unseren kleinen Fridolin nicht per Kurierdienst nach Hause schicken. Die Versicherungskarte, so sagt man uns, ist noch nicht aktualisiert. Egal, die Rechnung für das Familienzimmer wird ihren Weg ganz sicher finden.

Beweisfoto reicht nicht

Als letztgülter Beweis, dass tatsächlich ein künftiger Steuerzahler das Licht der Welt erblickt hat, dient nicht etwa ein Beweisfoto – nein, klar, dafür muss eine Geburtsurkunde erstellt werden.

Toller Service von der Klinik, dass die eine Art standesamtliches Büro haben, wo man zu bestimmten Sprechzeiten die Formalitäten hinter sich bringen kann. Gesagt, getan, das ist der Job des stolzen Vaters: eigene Geburtsurkunde, die der Mutter und Eheurkunde eingepackt und abhaken lassen.
Je früher, desto besser: der stolze frischgebackene Vater im Angesicht der Bürokratie. Foto: Bernd Kasper/ pixelio 



Ohne Ja-Wort braucht es die Anerkennung

Bei Robert damals, im unverheirateten Modus, musste schon eine Anerkennung der Vaterschaft im Voraus beim zuständigen Landratsamt getätigt werden. Das hatte da schon einen Beigeschmack, aber zahlen und geben wollte ich ja ohnehin – was ich nun eben kann...

Auszug ungleich Exodus: Man zieht bürokratische Register

In froher Erwartung eines Briefes vom Standesamt – an dieses leitet die Klinik die Unterlagen dann weiter – ging die glückliche Familie nach Hause.

Doch dann das: eine freundliche aber bestimmte Mail von einer freundlichen aber bestimmten Standesbeamtin, dass es mit der Eheurkunde keineswegs getan ist. Es muss schon ein aktueller Auszug aus dem Eheregister sein. Gab es das nicht in einer ganz bekannten Story, die vor über 2.000 Jahren gespielt hat? Kam da in der Zwischenzeit nicht noch ein Messias auf die Welt? 

Die Urkunde an sich kostet 12 Euro, der Auszug, der benötigt wird für die Urkunde ebenfalls 12 Euro. Dazu kommen 6 Euro Nachnahmegebühr, damit am Ende des Tages keine Zweifel an der Existenz aufkommen. 

Aber: Ohne Geburtsurkunde gibt es kein Kindergeld und kein Elterngeld und die damit verbundenen Chancen, sich mit einer weiteren Unzahl bürokratischer Formulare auseinanderzusetzen.